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21 next floor 1 / 22 Frau Schmidt, wie hindernisfrei ist die Schweiz heute? Im Vergleich mit dem Ausland stehen wir meiner Meinung nach recht gut da. In den letzten 20 Jahren gab es enorme Fortschritte. Gerade bei der Mobilität hat das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) von 2004 viel bewirkt. Neubauten stellen nur selten Probleme dar, doch der grösste Teil des Schweizer Gebäudeparks besteht aus älteren Bauten. In diesem Bestand geht die Veränderung viel langsamer voran. Deshalb stellen alltägliche Situationen wie ein Kino- oder Restaurantbesuch für viele Menschen mit Behinderung immer noch eine Schwierigkeit dar. Welche baulichen Hindernisse sind das konkret? Es gibt Städte mit vielen HochparterreBauten. Bis man überhaupt ins Gebäude gelangt, müssen schon verschiedene Stufen überwunden werden. Bei bestehenden Bauten ist der Platz meist beschränkt und fehlt etwa für den Einbau einer Rampe oder eines grösseren, normgerechten Aufzugs. Ihre Fachstelle arbeitet am Abbau solcher Hindernisse. Was tun Sie? Wichtig sind praxisgerechte Normen und Richtlinien. Deshalb erarbeiten wir Grundlagen zum hindernisfreien Bauen, publizieren Planungshilfen und wirken in verschiedenen Normenkommissionen mit. Wir erforschen die konkreten Erfahrungen von behinderten und älteren Menschen, formulieren Anforderungen und übertragen diese in die ‹Planungssprache›.» So verstehen Planerinnen und Architekten, was notwendig ist. Besonders wichtig sind uns auch Anwendungsbeispiele. Denn Kommentare und konkrete Beispiele machen eine Norm erst fassbar. Wer kümmert sich um die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben? In der Schweiz haben wir ein Netz von 26 kantonalen Fachstellen, die die Interessen von Menschen mit Behinderung beim Vollzug des hindernisfreien Bauens vertreten. Sie prüfen die Bauprojekte, leisten Beratungsarbeit und helfen bei der Suche nach Lösungen. Diese Organisation hat sich sehr bewährt. Es gibt punktuell auch Einsprachen, doch das Verbandsbeschwerderecht muss nur selten genutzt werden. Meistens gelingt es, imDialog mit der Bauherrschaft die Probleme zu lösen. An einem Bauprojekt sind viele verschiedene Parteien beteiligt. Wie aufgeschlossen sind sie für das hindernisfreie Bauen? Da gibt es ganz unterschiedliche Haltungen. Viele Bauherrschaften wollen Gebäude, die für alle Generationen funktionieren, und sind deshalb recht offen für eine hindernisfreie Bauweise. Andere Bauträger sind vor allem kostensensibel. Die Vorgaben für den Brandschutz oder die Erdbebensicherheit lassen sich nicht umgehen – beim hindernisfreien Bauen versuchen sie, dafür zu sparen. Und schliesslich wertet ein Teil der Architektinnen und Architekten die Gestaltungsfreiheit höher als die Hindernisfreiheit. Da müssen wir ab und zu klar machen, dass nicht nur die Ästhetik wichtig ist, sondern auch und zuerst die Benutzbarkeit und Sicherheit von hoher Bedeutung sind. Beim Aufzug sollten gemäss der Normen nur noch rollstuhlgängige Anlagen eingebaut werden. Wird dies in der Praxis tatsächlich so gemacht? Nein, leider werden auch Aufzüge gebaut, die nicht hindernisfrei zugänglich sind, und zwar wegen der komplexen Normensituation. Die kantonalen Baugesetze regeln, welche Gebäude die Norm SIA 500 ein- «Wir erforschen die konkreten Erfahrungen von behinderten und älteren Menschen, formulieren Anforderungen und übertragen diese in die «Planungssprache». «Hindernisfreie Gebäude sind für uns alle ein Gewinn» Eva Schmidt leitet die Fachstelle Hindernisfreie Architektur. Die diplomierte Architektin sieht auf dem Weg zur barrierefreien Schweiz viele Fortschritte, aber auch noch einige Baustellen. INTERVIEW Michael Staub BILD Beat Brechbühl c

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